mySMARTLife: Projektmanager Simon Decher im Interview
Das Projekt mySMARTLife wird in den drei europäischen Leuchtturm-Städten Helsinki, Nantes und Hamburg durchgeführt und hat zum Ziel, digitale Lösungsansätze für die städtischen Herausforderungen in den Bereichen Zusammenleben, Mobilität, Produktion und Konsum zu entwickeln und in ausgewählten Quartieren umzusetzen. Das ausgewählte Hamburger Quartier für die Projektlaufzeit von 2016-2021 ist der Bezirk Bergedorf. Hinter dem Projekt stehen insgesamt 27 Partner, die die Vision einer digitalen Stadt verfolgen.
Simon Decher ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am CC4E und federführend im EU-geförderten Projekt mySMARTLife tätig, in dem die HAW Hamburg Konsortiumsmitglied ist.
Herr Decher, welche Aufgabe übernimmt das CC4E der HAW Hamburg im Projekt mySMARTLife?
Die HAW Hamburg ist verantwortlich für insgesamt sieben Teilprojekte in den Bereichen Mobilität und Energie im Hamburger Bezirk Bergedorf. Eines dieser Vorhaben, das gemeinsam mit den Unternehmen Gasnetz Hamburg und Enercity durchgeführt wird, ist die Nutzung von Wasserstoff zur Wärmeversorgung eines Wohnquartiers. Ebenso wird die Versorgung der neuen Elektrobusse der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) mit Windstrom aus dem Forschungswindpark Curslack und die Entwicklung eines Lademanagements für das Elektroauto des CC4E zur Maximierung der Netzdienlichkeit realisiert.
Neben der erfolgreichen Umsetzung dieser Teilprojekte unterstützt die HAW Hamburg im Projekt mySMARTLife vor allem durch wissenschaftliche Untersuchungen und Auswertungen in zahlreichen weiteren Teilprojekten. Durch die starke Vernetzung und die Arbeit in weiteren Projekten im Bereich der Erneuerbaren Energien, die am CC4E angesiedelt sind, bringt die HAW Hamburg außerdem den Blick über das Projekt hinaus für Bergedorf, Hamburg und Deutschland mit.
An welchem Punkt befindet sich das Projekt in Bergedorf derzeit und was sind die nächsten Meilensteine, die Sie im Blick haben?
Wir schließen Ende November die Umsetzungsphase in den Teilprojekten ab. Anschließend kommt das Projekt in die Monitoringphase. Das bedeutet, dass für zwei Jahre die Nutzung und Realisierung der verschiedenen Teilprojekte gemessen wird. Das kann zum Beispiel beim Wasserstoff die erzeugte Wärmemenge und der Wasserstoffverbrauch sein. Beim E-Auto der Vergleich, wie sich das Verschieben des Ladezeitpunkts auf den Anteil der genutzten erneuerbaren Energien oder den Strombezugspreis ausgewirkt hat. Dadurch, dass wir uns unsere Arbeit zwei Jahre lang anschauen und regelmäßig evaluieren werden, sollen weitere Anpassungen und Verbesserungen vorgenommen werden. Die Daten werden übrigens auf der Urban Data Platform der Stadt Hamburg öffentlich zugänglich gemacht.
Welche Potentiale sehen Sie explizit für den Bezirk Bergedorf, aber auch für Hamburg insgesamt?
Der Bezirk Bergedorf ist ein großer Verbraucher von Strom und Wärme. Vor allem der benötigte Strom wird aus dem Umland geliefert. Allerdings wird dieser zukünftig auch zunehmend zur Wärmeerzeugung genutzt. Eine Möglichkeit dafür ist es, den überschüssigen Strom für die Herstellung von Wasserstoff zu nutzen. Wichtig dabei ist jedoch, dass die Verbraucherseite für diese neuen Energieträger fit gemacht werden muss. Bergedorf bietet durch das Wärmenetz und die nahegelegenen Windparks geeignete Voraussetzungen, um diese neuen Energieträger zu testen und Erkenntnisse und Empfehlungen für die zukünftige Umsetzung zu gewinnen.
Der Bezirk Bergedorf mit seinen 130.000 Einwohner*innen kann aufzeigen, wie Mobilität und Verkehr aber auch Strom- und Wärmeversorgung sukzessive an erneuerbare Energien und deren Nutzung angepasst und entwickelt werden können. Dabei liegen Hemmnisse in Bergedorf, genauso wie in vielen anderen Städten, oftmals in Energie- und Mobilitätskonzepten, die für Unternehmen nicht attraktiv genug für Investitionen erscheinen.
Die Erkenntnisse und Bestrebungen, die in Bergedorf vorangetrieben werden, können für die gesamte Freie und Hansestadt Hamburg als Blaupause dienen. Was in diesem Bezirk umgesetzt werden kann, kann auch in ganz Hamburg funktionieren. Und was wir in Bergedorf lernen, müssen wir für ganz Hamburg nicht noch einmal lernen.
Was waren bisher für Sie die größten Herausforderungen in Ihrer Mitarbeit im Projekt?
Eine Herausforderung ist, nicht in der Kleinteiligkeit der Projekte verlorenzugehen und das große Ganze im Blick zu behalten. Wir wollen in diesem Projekt die Energiewende voranbringen und zukunftsfähige Lösungen entwickeln. Das droht im laufenden Projektalltag manchmal etwas unterzugehen, sodass man sich zwischendurch immer wieder daran erinnern muss.
Welche Parallelen und Unterschiede sehen Sie zu den beiden anderen Leuchtturm-Städten Helsinki und Nantes?
Die Herausforderungen in allen drei Leuchtturm-Städten sind ganz ähnlich: Das Problem der schleppenden energetischen Sanierung von Gebäuden beschäftigt die Kolleg*innen in Nantes und Helsinki auch sehr stark. Ebenso spielt die Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs eine wichtige Rolle. Die große Herausforderung, städtische Ballungsräume ohne fossile Energieträger mit Strom und Wärme zu versorgen, trifft alle Metropolen in Europa.
Ein Unterschied der drei Städte liegt im Fokus auf das Projekt mySMARTLife. Nantes und Helsinki sind deutlich kleiner als Hamburg, aber es hat mich trotzdem beeindruckt, welch hohen Stellenwert das Projekt dort hat.