13:50 - 14:35 Uhr  |  Parallelsessions II  | Lebenswelten 2

Wohnungslosigkeit

1. Vortrag: "Die Lebenssituation wohnungsloser Menschen mit Fokus auf den Lebenslagenbereich Gesundheit"

Prof. Dr. Susanne Gerull (Alice Salomon Hochschule Berlin)

2018 wurde in Kooperation der Alice Salomon Hochschule Berlin mit dem Fachverband EBET e. V. der Diakonie Deutschland die erste systematische Untersuchung der Lebenslagen wohnungsloser Menschen durchgeführt. Theoretische Grundlage war der Lebenslagenansatz, der die Mehrdimensionalität unterschiedlicher Lebensbereiche in ihrer Wechselwirkung berücksichtigt und somit eine ganzheitliche Sicht auf die Lebenssituation von Menschen ermöglicht. Das Erhebungsinstrument inklusive Auswahl der relevanten Lebenslagen und Ausgestaltung aller Fragen und Antwortkategorien wurde in einem aufwendigen partizipativen Verfahren erstellt, an dem zu gleichen Teilen Professionelle und wohnungslose Menschen beteiligt waren. Die Ergebnisse der Studie werden mit einem Fokus auf den Lebenslagenbereich Gesundheit vorgestellt und mit dem aktuellen Stand der Forschung zur gesundheitlichen Situation wohnungsloser Menschen verglichen. Anhand des Verfahrens im Rahmen der Entwicklung des Fragebogens wird dargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Partizipation – im Sinne von Entscheidungsteilhabe – wohnungsloser Menschen in Wissenschaft und Praxis gelingen kann.

Infor­mationen zur Vortragenden

Susanne Gerull ist Diplom-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin (FH) und hat 15 Jahre in der behördlichen Wohnungsnotfallhilfe gearbeitet. Nach mehreren Jahren freiberuflicher Tätigkeit als Sozialwissenschaftlerin ist sie seit 2008 Professorin für Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit mit den Schwerpunkten Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnungslosigkeit und niedrigschwellige Sozialarbeit an der Alice Salomon Hochschule Berlin.

Vortragstitel: "Gesundheitsförderung in der Wohnungslosigkeit – Widerspruch oder Perspektive?"

Petra Hofrichter (HAG)

Wohnungslose und langzeitarbeitslose Menschen sind aufgrund ihrer Lebenslage mit besonderen physischen, psychischen und sozialen Belastungen konfrontiert. Sie gelten als besonders vulnerabel, denn eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ihnen erschwert. Die Hamburgische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. (HAG) stärkt die sektorenübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung in der Gesundheitsförderung mit vulnerablen Zielgruppen. Sie koordiniert den Arbeitskreis „Wohnungslosigkeit und Gesundheit“, hier arbeiten Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Wohnungslosenhilfebereich zusammen. Der Arbeitskreis Wohnungslosigkeit und Gesundheit ist Teil der Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit (KGC). Der Arbeitskreis setzt sich dafür ein, die Gesundheit von wohnungslosen Menschen in Hamburg zu fördern, Versorgungslücken aufzudecken, Zugänge zum Gesundheitsbereich zu fördern und die Zusammenarbeit der Hilfesysteme zu unterstützen.

Die Corona-Pandemie hat bestätigt: Wohnungslose sind eine besonders vulnerable Adressat*innengruppe. Es wird deutlich, dass niedrigschwellige Institutionen der Wohnungslosen- und Suchthilfe Orte des Vertrauens sind. Hier werden Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention adressat*innengerecht gestaltet.  Auch für wohnungslose Menschen ist Gesundheit ein Thema. Sie übernehmen mehr Verantwortung für ihre Gesundheit als professionelle Akteure ihnen zeitweise zugetraut haben. Orientierung für die Entwicklung von Angeboten und Strukturen bieten die zentralen Kriterien für gute Praxis in der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung „Partizipation“ und „Empowerment“.

Infor­mationen zur Vortragenden

Petra Hofrichter, Dipl. Soziologin, ist Geschäftsführerin und Fachliche Leitung der Hamburgischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V. (HAG). Der Zusammenhang von sozialer Lage und Gesundheit zählt zu ihrem Schwerpunktthema, ihr Fokus liegt dabei auf den Bereichen Gesundheitsförderung mit vulnerablen Personengruppen (z.B. Wohnungslose), Partizipation, kommunale Strategien und Praxisforschung. Weitere Hinweise: www.hag-gesundheit.de