Die Studentinnen Nele Strehlow und Josephine Mack haben einen besonderen Blick auf die Lehre. Unter anderen Umständen hätten sie sich womöglich gar nicht kennengelernt. Die eine studiert Information, Medien und Bibliothek am Mediencampus Finkenau, die andere Gesundheitswissenschaften in Bergedorf. Getroffen haben sie sich durch Ihren Nebenjob an der Arbeitsstelle Studium und Didaktik, kurz ASD. Als durch die Corona-Pandemie die Lehre an der HAW Hamburg auf digitale Formate umgestellt werden musste, merkten sie, dass der Austausch von Lehrenden und Studierenden auf der Strecke bleibt. Diese Lücke wollten sie durch einen Workshop beim Dies Academicus im Wintersemester 20/21 schließen.
Die Hemmschwelle vor dem Bildschirm ist größer und das Verständnis füreinander fehlt
„Viele haben das Gefühl sie sind allein, doch wir haben die Erfahrung gemacht, dass ähnliche Themen relevant sind, egal um welchen Studiengang es geht“, sagt Josephine Mack. Die beiden Studierenden hatten den Eindruck, dass es bei der Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden oft daran hapert, dass die Hemmschwelle vor dem Bildschirm größer ist und das Verständnis füreinander fehlt. „Lehrende haben oft ein verfestigtes Bild von Studierenden, die die Situation ausnutzen, indem sie zum Beispiel bei Prüfungen schummeln. Auf der anderen Seite fällt es den Studierenden nicht leicht zu verstehen, was die Lehrenden leisten bei der Umstellung auf die Online-Lehre“, erklärt Nele Strehlow. Das gab den Impuls für den Workshop „Jede*r kocht sein* eigenes Süppchen - wir wollen ein gemeinsames Rezept!“ beim Dies Academicus, wo diese Annahmen zum Teil bestätigt wurden.
Beim Workshop waren Studierende und Lehrende eingeladen die Perspektiven zu wechseln, um besser zu verstehen, welche Probleme bestehen und wo sie auftauchen. Aus den Erkenntnissen des Perspektivwechsels wurden Lösungsansätze entwickelt. Ein Beispiel: Die Sorge, dass Studierende bei Prüfungen schummeln, lösten einige Lehrende damit, dass sie die Prüfungszeit verkürzten. Dies empfanden die Studierenden nicht als sinnvoll. Vielmehr sollte in Prüfungen neben der reinen Wissensabfrage, das Transferwissen geprüft werden, also wie die Studierenden das Gelernte angewenden und übertragen können.
Ein Raum für Austausch zwischen Professor*innen und Studierenden
Ein weiteres Format, das von einem der teilnehmenden Professoren entwickelt wurde und sich beim Workshop als außerordentlich nützlich und empfehlenswert herausgestellt hat, ist „Meet the Prof“ – Ein Raum für Austausch und Kennenlernen zwischen Professor*innen und Studierenden, der sowohl online als auch unter bestimmten Voraussetzungen in Präsenz stattfinden kann. „Insbesondere Erstsemester haben so die Möglichkeit ihre Lehrenden kennenzulernen und Fragen zu stellen. Aber auch höhere Semester können die Möglichkeit nutzen, um zum Beispiel über Prüfungsthemen zu sprechen und eine andere Art der Basis in der Beziehung zueinander aufzubauen. Das Format wird bereits von verschiedenen Professor*innen übernommen.“
Der Workshop beim Dies Academicus kam so gut an, dass Strehlow und Mack im Rahmen des Programms der ASD weitere Workshops im Nachgang organisierten. Bereits viermal fand er nun in angepasster Form statt. In den nachfolgenden Workshops verzichteten sie auf den Perspektivwechsel und Austausch in Kleingruppen, wo Lehrende und Studierende getrennt wurden. Stattdessen wurde sich nun von Beginn an in der Gesamtgruppe ausgetauscht, da dies am Dies Academicus als besonders wertvoll und verständnisfördernd wahrgenommen wurde.
Mittlerweile stehen die Studierenden zusammen mit der ASD-Leiterin Margitta Holler im Austausch mit Prof. Dr. Monika Bessenrodt-Weberpals, Vizepräsidentin für Studium, Lehre sowie Gleichstellung und Dorian Seeliger, Leiterin der Betriebseinheit EQA (Evaluation, Qualitätsmanagement, Akkreditierung). Außerdem bekamen sie die Möglichkeit ihre Perspektive und Erkenntnisse aus den Gesprächen und Workshops, sowie aus eigenen besuchten Lehrveranstaltungen vor dem Beirat Studium und Lehre mit den Prodekan*innen der HAW Hamburg vorzustellen und zu besprechen. Gemeinsam werden so Handlungsbedarfe in den Prozessen und in der Lehre der HAW Hamburg identifiziert werden. In weiteren Gesprächen wollen die Beteiligten außerdem an konkreten Lösungsansätzen und -Ideen arbeiten, um das gemeinsame Rezept für das Süppchen zu verfeinern und sie somit für alle Beteiligten schmackhaft zu machen.
Text: Britta Sowa