Lieber Professor Dr. Seukwa, wie viele Doktorandinnen und Doktoranden sind bereits im Programm installiert?
Prof. Dr. Louis Henri Seukwa: Es werden acht Promotionsstipendien, vier Doktorandenstellen und eine Post-Doc-Stelle gefördert. Die gesamte Fördersumme beträgt dann etwas über eine Million Euro, in die auch Mittel der Uni Hamburg sowie der HAW Hamburg einfließen. Zehn Promovendinnen und Promovenden sind bereits im Programm installiert.
Welche Schwerpunkte verfolgen die geförderten Promotionen und wie lauten die vorläufigen Titel ihrer Forschungen?
Seukwa: Die bildungs- und sozialwissenschaftliche Ausrichtung des Kollegs konzentriert sich auf die vernachlässigten Themen der Flüchtlingsforschung wie Behinderung, Analphabetismus, sexuelle Gewalt und Delinquenz. Gefördert sind Dissertationen zu unterschiedlichen Themen. Eine Arbeit untersucht die Lebenslagen und Erfahrungen von Geflüchteten im Asylverfahren und von nicht anerkannten aber geduldeten Personen. Eine weitere Arbeit analysiert die Unterbringung, Beratung und Resozialisierung sowie berufliche Integration durch die zuständigen Behörden. Auch die Umsetzung von Handlungskonzepten und die sozialpädagogische Unterstützung von Einrichtungen, die sich mit Geflüchteten befassen, sind Gegenstand einer Dissertation.
Welches Ziel verfolgen Sie mit der Installation eines Promotionskollegs am Department Soziale Arbeit? Was bedeutet die Akademisierung für das Fach der Soziale Arbeit?
Seukwa: Eine der Strategien zur Förderung von Promotionen, die das Department Soziale Arbeit seit 2010 systematisch betreibt, ist die Institutionalisierung von kooperativen Promotionen – in meinem Fall, die eines kooperativen Promotionskolloquiums. Durch das großzügige Stipendienprogramm des kooperativen Graduiertenkollegs an der HAW Hamburg und Uni Hamburg konnten Promotionsvorhaben vorangetrieben werden. Erst wenn diese Strukturen weiterentwickelt werden, fruchten die durch hartnäckige Arbeit erzielten Erfolge, die Soziale Arbeit nicht nur als Berufstätigkeit, sondern auch als wissenschaftliche Disziplin zu etablieren.
Was ist das Forschungsziel des Promotionskollegs insgesamt – auch über die HAW Hamburg hinaus? Wie sollen die Doktorarbeiten später eingesetzt werden?
Wir betreiben Flüchtlingsforschung in Deutschland. Die „Ankunftsgesellschaft Deutschland“ ist durch das Föderale Prinzip strukturiert. Das heißt, der spezifische Kontext eines Bundeslandes hat relevanten Einfluss auf die Unterbringung, Versorgung, Bildung und Arbeitsmarktförderung der Geflüchteten.
Aus diesem Grund haben wir uns für ein bundesweit aufgestelltes Graduiertenkolleg entschieden mit Beteiligung von fünf Universitäten und vier Fachhochschulen unter der Federführung der Uni Hamburg und der HAW Hamburg. Wir hoffen, dass uns Studien aus verschiedenen Bundesländern genauere Erkenntnisse liefern, was die Unterschiede in der Versorgung und Betreuung von Geflüchteten ausmachen. Die detaillierten regionalen Kenntnisse der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen gebündelt und die Ergebnisse des Kollegs reflektiert werden. So ermöglicht das Graduiertenkolleg, die Breite des Feldes genau zu beschreiben und allgemeine Handlungsempfehlungen abzuleiten.
In der gerade abgeschlossenen Promotion aus dem vorangegangenen Graduiertenkolleg am Department Soziale Arbeit ging es um Qualitätsmerkmale sozialer Bildungsarbeit. Womit hat sich Jana Molle in dieser Arbeit beschäftigt?
Dr. phil. Des. Jana Molle: Das Forschungsthema war die Beratung von Langzeitarbeitslosen in Jobcentern. Hierbei spielt das Thema „Würdigung“ der Bewältigungsleistungen eine zentrale Rolle. Es wird in vorliegenden Konzeptionen zur Beratung der Zielgruppe bisher jedoch wenig berücksichtigt. Aus einer beratungstheoretischen Perspektive der Sozialen Arbeit wurden in der Untersuchung deshalb insbesondere Fragen nach der Gestaltung der Arbeitsbeziehung, der dialogorientierten Kommunikation und der Partizipation beantwortet.
Derzeit bereite ich die Veröffentlichung meiner Dissertation vor. Nebenbei bin ich wissenschaftliche Mitarbeitende im Bereich Lehre am Department Soziale Arbeit mit den Schwerpunkten Sozialarbeitspolitik, Geschichte der Sozialen Arbeit, Beratung und Kommunikation.
(Das Interview führte Dr. Katharina Jeorgakopulos)