2020 kam die Corona-Pandemie, die den Lehrenden „quasi über Nacht“ hohe digitale Kompetenzen abverlangte. Wie hat diese Zeit die Lehre verändert?
In der Tat waren Studierende und Lehrende im März 2020 von einem Freitag auf den folgenden Montag aufgefordert, ihre etablierten Lehr- und Lernformate in einen virtuellen Raum zu verlegen. Das war für uns alle äußerst herausfordernd, hat uns zugleich aber auch die Chance zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der wirksamen Nutzung digitaler Tools und Formate in der Lehre gebracht. Vieles aus dieser Zeit hat sich bewährt und blieb auch über die Pandemie hinaus im Einsatz, beispielsweise offene Angebote der Hamburg Open Online University und Blended-Learning-Elemente. Was allerdings unersetzlich war, ist der lebendige wissenschaftliche Diskurs an unserer Hochschule, der von einer räumlichen und sozialen unmittelbaren Interaktion lebt, wie sie in unserer Lernraumstrategie zum Ausdruck kommt. Die HAW Hamburg ist aus Überzeugung heraus eine Präsenzhochschule – das hat sich in der Pandemie-Zeit unmittelbar gezeigt.
Wenn Sie sich eine ideale Hochschule wünschen, wie würde diese aussehen? Wie soll aus Ihrer Sicht Bildungsgerechtigkeit und Gleichstellung zukünftig gestaltet werden?
Die ideale Hochschule wäre aus meiner Sicht zunächst einmal personell, finanziell, räumlich und infrastrukturell so ausgestattet, dass sie über den Basisbetrieb hinaus den Anforderungen eines modernen Hochschulbetriebs gerecht werden kann – um gemeinsam Lehre und Forschung zukunftsgerichtet zu entwickeln. Damit wir diese Ressourcen gut nutzen können, brauchen wir auch ideale Strukturen, in denen wir als Angehörige dieser Hochschule gut und selbstwirksam zusammenarbeiten können: von den Wissenschaftler*innen und die sie unterstützenden technischen und Verwaltungsmitarbeiter*innen bis zu den Studieninteressierten, Studierenden und Absolvent*innen. Erst so kann sich eine Kultur an der idealen Hochschule etablieren, die, wie bei einer lernenden Organisation, immer wieder Innovationen ermöglicht und zugleich Entwicklungserfolge absichert.
In dieser idealen Hochschule können wir dann auch erweiterte Aufgaben und große Herausforderungen angehen. Ich denke da beispielsweise an substantielle Beiträge zu gesellschaftlichen Themen wie die UN-Nachhaltigkeitsziele, einschließlich Geschlechtergerechtigkeit, Ziel Nummer 5, oder Klimaschutz, Ziel Nummer 13, mit erhöhter Sichtbarkeit und Wirksamkeit. Oder auch in kleinerem Maßstab, an eine zunehmende Diversität unserer Hochschulgemeinschaft in einer pluralen Gesellschaft oder an eine stärkere Digitalisierung der Verwaltungsprozesse, aber auch an Entwicklungspotentiale wie beispielsweise die Akademisierung von bestimmten Bereichen im Gesundheitswesen.
Insgesamt wünsche ich mir an der idealen HAW Hamburg schließlich eine demokratische und friedliche Kultur, in der wissenschaftliche Kritik, ethische Reflexion sowie der gesellschaftspolitische Bezug die akademische Lehre und Forschung durchdringen. Unsere ideale Hochschule ist ein Ort, an dem sich Menschen mit ihren unterschiedlichen Bildungsbiographien und Perspektiven auch in Zukunft neugierig und offen begegnen und an dem wir unsere Vielfältigkeit als Chance begreifen.
Interview: Katharina Jeorgakopulos