In seinem Workshop zum Inverted Classroom in MINT-Grundlagenfächern im Rahmen der Reihe Infopoint Hochschullehre der Stiftung Innovation in der Hochschullehre geht Prof. Dr. Christian Spannagel auf die Vor- und Nachteile des Konzepts ein, räumt mit Fehlvorstellungen auf und gibt Tipps zur Umsetzung.
Grundsätzlich stellt Spannagel fest, dass Inverted Classroom (im Folgenden: IC) in allen Fächern angewendet werden kann. Innerhalb eines Moduls ergibt es aber nicht in allen Bereichen Sinn, es anzuwenden. Das sollte auch nicht der Anspruch sein. Stattdessen plädiert er für ein fallspezifisches Abwägen der Vor- und Nachteile.
................................................................................................................................................................................................
Inverted-Classroom verschiebt die passive Rezeption des Lernstoffs aus z.B. Vorlesungen oder Referaten in vorgelagerte Selbstlernphasen. Die Präsenzphasen werden stattdessen für die gemeinsame Diskussion, Übungen, Reflektion und Vertiefung genutzt. Insbesondere für die Selbstlernphasen spielt die Gestaltung von digitalen Lernmodulen und von Multimedia sowie der Einsatz von Assessmentwerkzeugen eine wichtige Rolle.
Um das Prinzip zu veranschaulichen, wählt Spannagel eine Analogie: In einem klassischen, frontalen Setting sind die Lehrenden wie Rockstars, also diejenigen, die vorne auf der Bühne stehen und Musik machen. Die Studierenden kommen zu ihren Konzerten und hören aufmerksam zu – im Anschluss können sie aber nicht selbst musizieren.
Beim Inverted Classroom hingegen sind die Lehrenden Dirigent*innen und die Studierenden das Orchester. Sie lernen zuhause die Noten und üben das Stück und kommen dann in Präsenz zusammen, um unter Anleitung der Dirigentin oder des Dirigenten gemeinsam zu musizieren.
Spannagel benennt dabei zwei Fehlvorstellungen, denen das Konzept regelmäßig unterliegt:
................................................................................................................................................................................................
Darum gehe es beim IC vordergründig nicht. „Es geht um die sinnvolle Gestaltung der Präsenzveranstaltung“. Die Vorbereitung kann als Online-Lern-Kurs stattfinden, muss sie aber überhaupt nicht. Die Fehlvorstellung hat sich vermutlich etabliert, weil das Konzept Anfang der 2000er Jahre aufgekommen ist und das die Zeit war, in der verstärkt digitale Medien in der Lehre eingesetzt wurden. Im Grunde kann die Vorbereitung aber auch vollständig mit analogen Mitteln stattfinden.
................................................................................................................................................................................................
Das Konzept gibt nicht vor, welches Medium zur Vorbereitung genutzt werden soll. Das ist auch nicht entscheidend. Wichtig ist, dass den Studierenden bereits in der Vorbereitung lernzielförderliche Aufgaben gestellt werden. Die Lernmaterialien sollten dann vor allem inhaltlich auf die Aufgaben angepasst sein, nicht umgekehrt. Das Entscheidende ist eine gute Aufgabenstellung für die Vorbereitung, nicht das Medium.
Wenn Studierende in Präsenz zusammenkommen, um die meiste Zeit nebeneinander zu sitzen und zu rezipieren, sind das verschenkte zeitliche und soziale Potenziale. IC dreht das um. Die Präsenzzeit wird für soziale Interaktion genutzt, um gemeinsam zu reflektieren, zu diskutieren, zu üben und an Problemen zu arbeiten.
Studierende zur Vorbereitung motivieren
Das Konzept setzt voraus, dass die Studierenden vorbereitet kommen und sich die relevanten Inhalte vor der Präsenzveranstaltung erarbeitet haben. Diese Vorbereitung ist essenziell und die größte Herausforderung im IC. Die Studierenden müssen motiviert sein, sich eigenverantwortlich auf die Lehrveranstaltungen vorzubereiten.
Spannagel hat einige Tipps zusammengestellt, die zum Gelingen des IC beitragen und die Studierenden motivieren, vorbereitet in die Präsenzveranstaltung zu kommen:
An Selbststudium erinnern: besonders zu Beginn eines Semesters einer IC-Lehrveranstaltung kann es sinnvoll sein im Verlauf der Woche die Studierenden per Mail an die Vorbereitungsaufgaben zu erinnern.
Das Entscheidende ist für Spannnagel Maßnahmen zu kombinieren, um die Studierenden zu motivieren. Es gibt keine Garantie fürs Gelingen. Er empfiehlt Erfahrungen zu sammeln und auszuprobieren was funktioniert. Wichtig ist mit den Studierenden im Gespräch darüber zu bleiben, was sie motiviert und interessiert, was funktioniert und was auch nicht.
Weitere Fragen und Antworten zum Inverted Classroom im Video
Spannagel geht in seinem Workshop auf die Fragen der Teilnehmenden ein, die im Folgenden als Timecodes benannt werden. In diesem Teil finden sich weitere Erfahrungen und Praxistipps für die Umsetzung des Inverted Classrooms.
Die Aufzeichnung des Workshops Inverted Classroom in MINT-Grundlagenveranstaltungen von Prof. Dr. Christian Spannnagel:
https://www.youtube.com/watch?v=N_zb6zcnSLg
Alle Veranstaltungen aus der Reihe Infopoint Hochschullehre der Stiftung Innovation in der Hochschullehre:
https://stiftung-hochschullehre.de/netzwerk-und-transfer/infopointhsl/