Hilfe bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt
Alle Mitglieder und Angehörigen der HAW Hamburg sowie Dritte, haben Anspruch auf Schutz vor sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt.
Auf dieser Seite finden Sie Informationen darüber, was Sie tun können, wenn Sie belästigt werden oder übergriffiges, belästigendes Verhalten beobachten. Außerdem finden Sie hier die zuständigen Anlauf- und Beratungsstellen, bei denen Sie Unterstützung bekommen, sowie rechtliche Grundlagen und hilfreiche Strategien zur Prävention.
Hilfsangebote bei sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt
In Notfällen wenden Sie sich 24/7 h an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“
Die LGBTI+Helpline ist Mo-Fr 19-21 Uhr unter 0800 133 133 erreichbar. Das Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ können Sie Mo-Do 08-20 Uhr und Fr 08-15 Uhr unter 0800 1239 900 anrufen.
Externe Beratungsstellen und Online-Hilfe
In Hamburg und bundesweit finden Sie bei Fachberatungsstellen psychologische und juristische Hilfe und werden spezifisch zu Themen beraten wie: trans- und frauenfeindlicher Gewalt häuslicher GewaltGewalt gegen Männer
Wo Sie an der HAW Hamburg Unterstützung finden
Sie können sich bei jeder Ihnen vertrauten Stelle Hilfe holen. Vorgesetzte haben eine besondere Verantwortung einzugreifen. Die Vertrauenspersonen bei sexualisierter Belästigung und Gewalt und alle Gleichstellungsbeauftragten unterstützen parteilich und auf Wunsch auch anonym, auch bei AGG-Beschwerden.
Informationen für Betroffene und Beobachter*innen sexualisierter Belästigung und Diskriminierung
In unseren Materialen „Nein zu sexualisierter Belästigung!“ finden Sie viele Hinweise nochmal zum Mitnehmen und Verteilen.
Online-Flyer
Plakat auf Deutsch
Was ist sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt?
Alles nur ein Flirt?! Übergriffiges Verhalten fängt nicht erst bei körperlicher Gewalt an.Kommentare, Witze, Blicke, Gesten und körperliche Berührungen, die unerwünscht, einseitig, grenzüberschreitend, abwertend oder einschüchternd sind, sind kein Flirten oder Komplimente, sondern sexualisierte Belästigung und Diskriminierung.
Merkmale und Anzeichen
................................................................................................................................................................................................
Um sich im Klaren zu sein, ob das was Sie gerade erleben sexualisierte Belästigung oder Diskriminierung ist, ist es hilfreich, sich folgende Frage zu beantworten: Wird gerade verbal, physisch oder psychisch eine persönliche Grenze von mir überschritten? Wenn sich etwas unangemessen anfühlt, dann ist es auch unangemessen. Für die Definition von Diskriminierung ist entscheidend, wie Sie sich mit der Situation fühlen, nicht wie eine andere Person ihr Handeln gemeint hat. Diese Alarmglocken bei sexualisierter Diskriminierung helfen bei der Einschätzung.
Sexualisierte Diskriminierung, Belästigung und Gewalt sind spezifische Formen der Machtdemonstration, die darauf abzielen, die Würde der anderen Person zu verletzen. Sie gehen oft einher mit sexistischen, rassistischen oder queer- und transfeindlichen Anfeindungen und finden häufig in Abhängigkeitsverhältnissen statt (z.B. am Arbeitsplatz, in Beziehungen). Besonders oft sind also marginalisierte Gruppen davon betroffen: Frauen, trans Personen, Menschen mit Behinderungen, Schwarze Personen und Personen of Color, queere und homosexuelle Menschen und Migrant*innen.
Wenn die übergriffige Person nicht sensibel mit den Grenzen anderer Personen umgeht, können sexualisierte Grenzverletzungen auch unbeabsichtigt stattfinden. Trotzdem handelt es sich hierbei um sexualisierte Diskriminierung und Gewalt, denn individuelle Grenzen gilt es jederzeit zu respektieren und vor jeglichen sexualisierten Verhaltensweisen das freie Einverständnis der anderen Person(en) einzuholen.
Konkrete Beispiele für sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt
................................................................................................................................................................................................
- anzügliche oder beleidigende Bemerkungen und Witze oder unangemessen intime Fragen über andere Personen, deren Aussehen, Körper oder Privatleben
- Verschicken oder Zeigen von Bildern und Videos pornografischen Inhalts (auch Dick Pics)
- unerwünschte verbale oder körperliche Annäherungsversuche (auch Hinterherpfeifen und Starren und scheinbar zufällige Berührungen)
- Aufforderung zu sexuellen Handlungen (auch unter Versprechen von beruflichen Vorteilen oder Androhung von beruflichen Nachteilen)
- Androhung von Gewalt, Verfolgung, Nötigung sowie körperliche Übergriffe und Vergewaltigung
- Alle Belästigungen können auch als „digitale Gewalt“ in Form von Chats, SMS, E-Mail oder Anrufen verübt werden
! Alle Formen können auch als „digitale Gewalt“ in Chats, SMS, E-Mail oder Anrufen verübt werden!
Was die Begriffe bedeuten
................................................................................................................................................................................................
„Sexualisiert“ verdeutlicht, dass Täter*innen sexuell konnotierte Handlungen nur ausnutzen, um Macht- und Kontrolle aus- oder aufzubauen. Sexualisierte Diskriminierung, Belästigung und Gewalt hat daher nichts mit Sexualität zu tun. Gesetzestexte verwenden bisher weiterhin den Begriff „sexuelle“ Belästigung.
Unter dem Oberbegriff „Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt“ wird jedes Verhalten mit sexuellem Bezug gefasst, das von der betroffenen Person als entwürdigend oder verletzend empfunden wird oder darauf gerichtet ist, diese Wirkung zu erzielen. Der Begriff „Diskriminierung“ macht deutlich, dass diese Handlungen sich auf bereits bestehende Abhängigkeits- oder Benachteiligungsstrukturen stützen (wie Sexismus, Rassismus, Klassismus) und auch abwertende Kommentare und Gesten gemeint sind. „Belästigung“ wird umgangssprachlich oft enger gefasst. Wir verwenden den Begriff „Belästigung“ parallel weiterhin, weil er so etabliert ist und von vielen verstanden wird.
Was Sie tun können, wenn Sie belästigt werden
Wichtig bei allen Grenzüberschreitungen ist: Wenn Sie das Gefühl haben, Ihre Grenze wurde verletzt oder das Verhalten Ihnen gegenüber war nicht in Ordnung, ist Ihr Gefühl richtig. Vertrauen Sie Ihrem Empfinden, Sie haben gute Gründe dafür und müssen sich nicht rechtfertigen!
In der Situation
................................................................................................................................................................................................
Es ist es völlig normal, angesichts einer Diskriminierung und Belästigung erstmal sprachlos und überfordert zu sein. Wenn es Ihnen möglich ist, verdeutlichen Sie der übergriffigen Person, dass Sie mit den Aussagen oder Handlungen nicht einverstanden sind und eine Grenze überschritten wurde. Suchen Sie sich Unterstützung bei umstehenden Personen. Diese Sätze können helfen:
STOPP SAGEN
„Das lasse ich mir nicht gefallen! Stopp! So nicht!“
LAUT WERDEN
Sprechen Sie aus, was gerade passiert, dann bekommen es andere Menschen mit und können helfen.
„Mein Privatleben geht Sie überhaupt nichts an!“
„Dieser Spruch ist herabwürdigend!“
„Das ist mir viel zu nah! Gehen Sie bitte weiter weg!“
HILFE ANFRAGEN
Wenn Sie nicht alleine agieren wollen, fragen Sie Personen in der Nähe.
„Diese Person belästigt mich, können Sie mir helfen?“
SITUATION VERLASSEN
Wenn Sie sich körperlich bedroht fühlen, verlassen Sie die Situation möglichst schnell. Sie können sich rund um die Uhr an das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 08000 116 016 wenden. Die „LGBTI+Helpline“ ist Mo-Do 19-21 Uhr unter 0800 133 133 erreichbar. Das Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ können Sie Mo-Do 08-20 Uhr und Fr 08-15 Uhr unter 0800 1239900 anrufen.
Nach dem Vorfall
................................................................................................................................................................................................
- Es ist sinnvoll, alles in einem Gedächtnisprotokoll zu dokumentieren, und gegebenenfalls E-mails, Chatverläufe und Fotos an einem geschützten Ort zu sichern. Hilfe dabei bietet die App „NO STALK“. Wenn es Beobachtende des Vorfalls gab, lassen Sie sich Namen und Kontaktdaten geben. Diese Notizen sind hilfreich für ein späteres Beratungsgespräch und können bei einer Beschwerde oder einem Strafverfahren als Beweis dienen.
- Vertrauen Sie sich nahestehenden Personen an. Wenn Sie über das Erlebte sprechen, können Sie Unterstützung bekommen und Entlastung erfahren.
- Wenden Sie sich an die Vertrauenspersonen bei sexualisierter Belästigung und Gewalt der HAW oder eine externe Beratungsstelle. Diese finden mit Ihnen zusammen heraus, was Sie jetzt brauchen, um mit der Situation umzugehen. Sie zeigen Ihnen die Möglichkeiten auf, die (an der HAW Hamburg) bestehen, um Sie und andere vor weiterer Belästigung zu schützen und die übergriffige Person zu sanktionieren. Sie erklären Ihnen die Möglichkeiten, die (an der HAW Hamburg) bestehen, um Sie und andere vor weiterer Belästigung zu schützen und die übergriffige Person zu sanktionieren und können angemessene Interventionen einleiten. Alle Beteiligten unterliegen der Schweigepflicht und beraten auch anonym. Es entstehen Ihnen daraus keine Nachteile und es wird nur auf Ihren Wunsch hin etwas unternommen.
- Auch wenn Sie keine Beratung oder Hilfe in der konkreten Situation wünschen, melden Sie den Vorfall (auch anonym) bei den Vertrauenspersonen bei sexualisierter Belästigung und Gewalt der HAW. So werden die Belästigungsfälle dokumentiert, und es können von den zuständigen Stellen Strategien dagegen entwickelt werden.
Das sind Ihre Rechte
Sexualisierte Diskriminierung, Belästigung und Gewalt sind arbeitsrechtlich und strafrechtlich definiert und verboten. Sie haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, Schutz und Sanktionen einzufordern.
Im Arbeits- und Studienkontext
................................................................................................................................................................................................
Im Arbeits- und Studienkontext machen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und das Hamburgische Hochschulgesetz (HmbHG) die HAW Hamburg für den Schutz ihrer Beschäftigten und ihrer Studierenden vor sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt verantwortlich. Die Antidiskriminierungsrichtlinie der HAW Hamburg verankert Ansprechpersonen und Verfahren, um das zu gewährleisten. Betroffene Mitglieder der HAW Hamburg haben folgende Rechte:
- Beratung: Das Recht, sich bei den zuständigen Stellen der Hochschule vertraulich beraten zu lassen, wenn Sie Belästigung oder Gewalt selbst erleben, beobachten oder dazu angewiesen werden, z.B. bei den Vertrauenspersonen bei sexualisierter Belästigung und Gewalt. Diese können zuständige Funktionsträger*innen auffordern, sofortige Schutzmaßnahmen und Interventionen einzuleiten.
- Beschwerde: Das Recht, bei der AGG-Beschwerdestelle (AGG = Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) eine Beschwerde einzureichen, um Schutz und Sanktionen einzufordern. Sie können sich dazu vorher von den Vertrauenspersonen bei sexualisierter Belästigung und Gewalt beraten lassen.
- Leistungsverweigerung: Das Recht, die Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgeltes einzustellen, wenn die Arbeitgeberin im Fall einer sexualisierten Belästigung keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen ergreift, um die Belästigung zu unterbinden (§14 AGG). Allerdings nur, wenn der Schutz nicht durch eine mildere, weniger einschneidende Reaktion erreicht werden kann. Lassen Sie sich dazu zuerst anwaltlich beraten.
- Schadensersatz: Den Anspruch auf Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden, wenn die Hochschule als Arbeitgeberin ihren Schutzpflichten nicht nachkommt (§15 AGG). Hier ist eine Frist von zwei Monaten einzuhalten.
Die Antidiskriminierungsrichtlinie gilt auch, wenn die Gewalt von oder gegen Dritte, z.B. das Reinigungs- und Sicherheitspersonal, Besucher*innen von Veranstaltungen, das Studierendenwerk Hamburg und weitere Kooperationspartner*innen ausgeübt wird, sofern auch Mitglieder oder Angehörige der HAW am Vorfall beteiligt waren.
Im Strafgesetzbuch
................................................................................................................................................................................................
Das Strafgesetzbuch regelt "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ und weitere übergriffige Handlungen, gegen die Sie Strafanzeige stellen können.
- Seit 2016 wird physische sexuelle Belästigung unter einem eigenen Paragrafen geahndet (§ 184i StGB).
- Bei sexualisierter Belästigung kann es sich aber auch um Beleidigung, Verleumdung oder üble Nachrede (§§ 185, 186, 187 StGB), (Cyber-)Stalking (§ 238 StGB), Nötigung (§ 240 StGB), Bedrohung (§ 241 StGB), Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB) oder die unerlaubte Verbreitung pornografischer Schriften (§ 184 StGB) handeln.
- Im Paragrafen §177 StGB zu Vergewaltigung ist seit 2016 ebenfalls klargestellt, dass auch Handlungen, bei denen eine Person keine Möglichkeit hat, die sexuellen Akte zu verneinen, strafbar sind.
- Wenn Sie eine Strafanzeige stellen möchten, lassen Sie sich vorher juristisch beraten, die Vertrauenspersonen bei sexualisierter Belästigung und Gewalt vermitteln Ihnen Kontakte.
Welche Rechte Ihnen durch das Allgemeine Gleichbehandlungs- gesetz zustehen, zeigt diese Broschüre der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Bei der Kampagne Stand Up – Gegen Belästigung in der Öffentlichkeit gibt es die Möglichkeit, online hilfreiche Reaktionen auf Belästigungssituationen durchspielen – als Betroffene*r und als Zeug*in.
Wie Sie Betroffenen helfen können
Wenn Sie etwas Übergriffiges beobachten, greifen Sie ein. Bleiben Sie in den Aussagen bei sich und fragen Sie die betroffene Person, was sie sich als Unterstützung wünscht, um nicht bevormundend zu handeln.
Was sie tun können, wenn sie eine Belästigung und Diskriminierung beobachten
................................................................................................................................................................................................
In der Situation:
- NACHFRAGEN
Fragen Sie die Person, wie sie die Situation wahrgenommen hat und wie Sie unterstützen können.
„Ich habe gerade gesehen, dass die Person vor mir Sie an den Po gefasst hat. Ich persönlich finde dieses Verhalten unangemessen. Kann ich Sie irgendwie unterstützen?“
- POSITION BEZIEHEN
Bringen Sie sich in die Situation ein - häufig hilft es bereits, wenn eine andere Person hinzukommt und deutlich macht, dass sie die Belästigung oder Diskriminierung wahrnimmt. Äußern Sie die eigene Einschätzung statt für die betroffene Person zu sprechen. Achten Sie dabei auf Ihre eigene Sicherheit.
- Weitere Vorschläge, was Sie sagen können, um zu intervenieren, finden Sie in unserer Broschüre „Nein zu sexualisierter Belästigung“.
Personen mit Leitungs-, Betreuungs- und Bildungsaufgaben tragen in solchen Situationen eine besondere Verantwortung einzugreifen (Antidiskriminierungsrichtlinie, Präambel).
Nach dem Vorfall
- Ermutigen Sie die Person, sich Unterstützung zu holen und helfen Sie ihr, bei Bedarf Bekannte oder eine Beratungsstelle zu kontaktieren und warten Sie gemeinsam mit der betroffenen Person, bis Hilfe eingetroffen ist.
- Bieten Sie ihr an, sSie zu einer Beratungsstelle zu begleiten und als Zeug*in bei einer Beschwerde oder einem Strafverfahren zur Verfügung zu stehen und geben Sie ihr Ihre Kontaktdaten.
- Wenn Sie die*der Vorgesetzte der betroffenen Person sind, bieten Sie ihr an, die Situation nachzubesprechen, um zu klären, ob weitere Schutz- und Interventionsmaßnahmen erforderlich, angemessen und gewünscht sind. Die Antidiskriminierungsrichtlinie bietet hierbei Hilfestellung.
- Unternehmen Sie keine weiteren Schritte ohne die Zustimmung der betroffenen Person und wahren Ssie Vertraulichkeit. Es ist völlig in Ordnung, wenn die*der Betroffene nichts weiter unternehmen möchte.
- Wenn Sie sich selbst Unterstützung (auch in ihrer Rolle als Unterstützungsperson) wünschen, wenden Sie sich an dieVertrauenspersonen bei sexualisierter Belästigung und Gewalt oder eine externe Beratungsstelle.
Was Sie tun können, wenn Ihnen eine Person berichtet, dass Sie sexualisierte Belästigung und Diskriminierung erlebt hat
................................................................................................................................................................................................
- Nehmen Sie die Person ernst und hören vor allem erst mal zu. Es ist ein großer Vertrauensbeweis und fordert viel Überwindung, sich anderen zu öffnen.
- Verharmlosen Sie die Erfahrungen nicht und machen Sie nicht die belästigte Person für den Vorfall verantwortlich.
- Ermutigen Sie die betroffene Person, offensiv mit dem Problem umzugehen und sich Unterstützung zu holen bei Beratungsstellen in der Hochschule oder außerhalb.
- Bieten Sie Hilfe an, diese Beratungsstellen zu kontaktieren, bzw. sie dorthin zu begleiten.
- Wenn Sie die*der Vorgesetzte der betroffenen Person sind, bieten Sie ihr an, die Situation nachzubesprechen, um zu klären, ob Schutz- und Interventionsmaßnahmen erforderlich, angemessen und gewünscht sind. Die Antidiskriminierungsrichtlinie bietet hierbei Hilfestellung.
- Unternehmen Sie keine Schritte ohne Absprache mit der betroffenen Person und wahren Sie Vertraulichkeit.
- Wenn Sie selbst Unterstützung wünschen, wenden Sie sich an die Vertrauenspersonen bei sexualisierter Belästigung und Gewalt oder eine externe Beratungsstelle.
Wie Sie helfen, sexualisierte Belästigung und Diskriminierung zu verhindern
Die wichtigste Präventionsmaßnahme gegen sexualisierte Diskriminierung am Arbeits- und Studienplatz ist ein respektvolles, diskriminierungssensibles und nicht sexualisiertes Klima. Auf organisationaler Ebene trägt vor allem der Abbau von geschlechtsspezifischen Machtunterschieden zur Vorbeugung bei.
„Alle Mitglieder und Angehörigen der HAW Hamburg sind dazu aufgefordert, eine diskriminierungsfreie Zusammenarbeit zu ermöglichen und zu fördern. Personen mit Leitungs-, Betreuungs- und Bildungsaufgaben tragen hier, aufgrund ihrer Position innerhalb von hierarchischen Strukturen und den daraus resultierenden Abhängigkeitsverhältnissen, eine besondere Verantwortung. Sie gehen aktiv gegen diskriminierendes Verhalten in ihrem Verantwortungsbereich vor. Die Antidiskriminierungsrichtlinie gibt dabei eine wichtige Hilfestellung.“ (Antidiskriminierungsrichtlinie, Präambel)
Was jede*r tun kann
................................................................................................................................................................................................
- Seien Sie offen für Selbstreflexion: Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie selbst grenzüberschreitend oder diskriminierend waren, reflektieren Sie Ihr eigenes Verhalten in der Situation. Sexualisierte Belästigung kann auch ungewollt stattfinden, weil ein Kommentar oder beabsichtigtes Kompliment eine unbeabsichtigt verletzende Wirkung entfaltet hat. Wichtig ist dann, dennoch die Verletzung der betroffenen Person anzuerkennen. Abhängig von der konkreten Situation kann es sinnvoll sein, das direkte Gespräch mit der entsprechenden Person zu suchen, um sich zu entschuldigen oder nachzufragen. Achten Sie hierbei jedoch darauf, dass die Situation für die betroffene Person nicht unangenehm wird und das Vorangegangene nicht reproduziert wird.
- Nehmen Sie jede Diskriminierung und Belästigung ernst: Verharmlosende Kommentare wie „Die sind einfach nicht in der Lage, Grenzen zu erkennen, da müssen Sie schon aufpassen…“ kehren die Verantwortung für das belästigende Verhalten um und unterstellen eine (Mit-)Schuld. Für die Geschädigten wird es noch schwerer, sich offiziell zu beschweren oder Anzeige zu erstatten.
- Intervenieren Sie auch schon bei „harmlos“ wirkenden Sprüchen: Auch witzig gemeinte Sprüche, die aber eine Abwertung enthalten, wirken sich darauf aus, wie respektiert sich Mitarbeiter*innen im Team fühlen und wie respektvoll sich andere Mitarbeitende verhalten.
- Bilden Sie sich regelmäßig zu Antidiskriminierung, Gender und Diversity fort: Anträge auf Fort- und Weiterbildung zu diesen Themen werden durch Dienstvorgesetzte, den Personalservice und den Personalrat unterstützt. Eine besondere Verantwortung zur regelmäßigen Fort- und Weiterbildung kommt den Anlauf- und Beratungsstellen sowie Beschäftigten mit Leitungs-, Betreuungs- und Bildungsaufgaben zu (Antidiskriminierungsrichtlinie, Abs. 3.1.).
Was Führungskräfte und Lehrende tun können
................................................................................................................................................................................................
- Tragen Sie zur Enttabuisierung bei: Sprechen Sie das Thema und die Realitäten an der Hochschule in einer Teamsitzung/ zu Beginn eines Semesters an und weisen Sie auf Beratungsangebote an der Hochschule hin. Legen Sie Flyer in Ihrem Flur/ in Ihrer Veranstaltung aus.
- Signalisieren Sie Ansprechbarkeit: Kommunizieren Sie, dass sie ansprechbar sind bei Fällen von sexualisierter Belästigung und die Betroffenen unterstützen.
- Beziehen Sie Position: Machen Sie bei übergriffigem, verletzendem und verharmlosendem Verhalten klar, dass Sie diskriminierendes Verhalten nicht dulden und eine Relativierung von sexualisierter Gewalt und Belästigung ablehnen. Ermuntern Sie auch ihre Mitarbeitenden/ Studierenden sich eindeutig zu positionieren, wenn Sie etwas beobachten.
- Setzen Sie Schutz- und Sanktionsmaßnahmen um: Sexualisierte Belästigung und Diskriminierung tritt am häufigsten in Organisation auf, in denen übergriffiges Verhalten keinerlei Konsequenzen nach sich zieht. Bei Benachteiligung, Belästigung oder Gewalt sind von den zuständigen Personen zeitnah am Einzelfall orientierte, geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen zum Schutz und zur Sanktionierung vorzunehmen (Antidiskriminierungsrichtlinie, Abs. 6). Lassen Sie sich bei Bedarf dazu von den Vertrauenspersonen bei sexualisierter Belästigung und Gewalt beraten.
- Fördern Sie einen respektvollen und diversitätsbewussten Umgang: Sexualisierte Belästigung und Diskriminierung sind Ausdruck und Folge gesellschaftlicher Machtunterschiede und daher eng verknüpft mit Sexismus, Homo- und Transfeindlichkeit, Rassismus und Klassismus. Setzen Sie sich daher grundsätzlich für ein diskriminierungsarmes Umfeld ein und beugen Sie Machtmissbrauch und Konkurrenzkampf vor. Tipps dazu finden Sie als Lehrende*r z.B. in der Broschüre „Gender und Diversitätsbewusst lehren“.
- Ermuntern Sie ihre Mitarbeitenden sich regelmäßig zu Antidiskriminierung, Gender und Diversity fortzubilden.
Sexualisierte Belästigung und Diskriminierung: (k)ein strukturelles Problem an Hochschulen?
Hochschulen verstehen sich selbst als Orte der Intellektualität und des offenen und toleranten Denkens - das Problem der sexualisierten Diskriminierung und Belästigung wird hier oft als gering eingeschätzt. Aber Hochschulen sind aufgrund der hierarchischen Betreuungs- und Abhängigkeitsverhältnisse sehr anfällig für sexualisierte Belästigung und Diskriminierung.
Die Hochschule als Arbeitsplatz
................................................................................................................................................................................................
Eine Studie der Antidiskriminierungsstelle aus dem Jahr 2019 belegt für Frauen in akademischen Berufen (14 %) sowie Frauen in technischen und typischen Männerberufen (13 %) und weibliche Führungskräfte (22 %) ein erhöhtes Risiko für sexualisierte Diskriminierung und Belästigung. Im Durchschnitt aller Branchen waren 9 % der Befragten, also etwa jede elfte erwerbstätige Person, in den letzten drei Jahren von sexualisierter Belästigung am Arbeitsplatz betroffen, wobei Frauen mit 13 % (jede achte Frau) deutlich häufiger betroffen sind als Männer mit 5 %. 82 % der Betroffenen gaben an, die belästigenden Personen seien ausschließlich oder überwiegend Männer gewesen. Die einzige deutsche Studie, die konkret an einer Hochschule (als Arbeitgeberin) durchgeführt wurde, weist darauf hin, dass das Problem noch größer sein könnte: Bei einer Umfrage an der Carl-Ossietzky Universität Oldenburg gaben 58 % der 347 befragten Beschäftigten der Universität an, schon einmal sexualisierte Belästigung in ihrem Berufsleben erlebt zu haben (darunter 5 % Männer).
Als besonders vulnerabel werden die Beziehungen zwischen Professor*innen und dem ‚wissenschaftlichen Nachwuchs‘ eingeschätzt, weil ihr Verbleib im Wissenschaftsbereich stark von ihren Vorgesetzten abhängt, die sowohl großen Einfluss auf die Bewertung ihrer Arbeit und ihren Reputationsaufbau im Feld als auch auf ihre Weiterbeschäftigung haben.
Die Hochschule als Lernort
................................................................................................................................................................................................
Eine Studie zum deutschen Hochschulkontext ergab, dass von 12.000 befragten Studentinnen über die Hälfte sexualisierte Belästigung und jede zehnte sexualisierte Gewalt während ihres Studiums erfahren hat. Die Übergriffe wurden überwiegend durch männliche Kommilitonen verübt. Studentinnen im 1. und 2. Semester sind überdurchschnittlich häufig von sexualisierter Belästigung betroffen und gehören somit zu einer Hochrisiko-Gruppe.
Betroffenheit von trans*Personen, Menschen mit Behinderungen, Schwarzen Personen und Personen of Color, queeren und homosexuellen Menschen und Migrant*innen
................................................................................................................................................................................................
Eine aktuelle Studie des Kölner Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften aus dem Jahr 2022 belegt, dass queere Personen auch am Lern-/ Arbeitsort Hochschule in einem höheren Maß von sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt betroffen sind. Demnach gaben 74 Prozent der nicht-binären Befragten an, mindestens eine Form von geschlechtsbezogener Gewalt erfahren zu haben, seit sie an der Hochschule arbeiten oder studieren. Für Männer und auch für Frauen (66%) fällt die Zahl der Betroffenen geringer aus. Die Studie weist außerdem nach, dass die Wahrscheinlichkeit von sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt bei queeren und homosexuellen (68%), Menschen mit Behinderungen (72%) sowie Schwarzen Personen und People of Color (69%) größer ist als bei Personen, auf die keines dieser Merkmale zutrifft. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Ausmaß der Betroffenheit wächst, wenn Personen aufgrund mehrerer dieser Merkmale Diskriminierung erfahren.
Damit ergänzt die Studie des Leibniz-Instituts die Untersuchungen, die andere Studien bisher für Lebensbereiche außerhalb des Lern-/ Arbeitsortes Hochschule festgestellt hatten. Darin wurde bewiesen, dass trans*Personen in der Öffentlichkeit in einem höheren Ausmaß als cis Personen von sexualisierter Belästigung betroffen sind. In über einem Viertel der Fälle, in denen Personen mit Bezug auf ihr Geschlecht sexualisiert diskriminiert werden, geschieht dies gleichzeitig anhand ihrer sexuellen Orientierung; in einem Zehntel der Fälle anhand rassistischer Gründe.
Umfassende Informationen zum Thema "Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt an Hochschulen” enthält die Handreichung der Bundes- konferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten.