DIE AUTOMOBILINDUSTRIE IN VIETNAM: POTENZIAL UND HERAUSFORDERUNGEN
Vietnam ist bereit für eine starke Entwicklung der Automobilindustrie - zusammen mit Investitionen aus dem Ausland und der Unterstützung durch die Innenpolitik.
Im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern ist Vietnam relativ spät in den Markt der Automobilherstellung und Automobilmontage eingetreten. Japan, Korea und China haben in den 1950er Jahren ihre Automobilindustrie begründet und seitdem stetig weiterentwickelt. Sie verfügen über fortschrittliche Technologien, großartige Technik und ein hohes Arbeitsniveau. Vietnam ist im Jahr 1991 offiziell in die Automobilbranche eingetreten und stellte sich damit den Herausforderungen und Know-how Vorsprung des internationalen Wettbewerbs.
Die Automobilindustrie ist in vielen Ländern ein wichtiger Wirtschaftszweig und unterliegt einem ständigen Modernisierungsprozess. So auch in Vietnam, wo sie sich im Laufe der letzten Jahre zu einem wichtigen Wirtschaftsschwerpunkt entwickelt und bedeutende Beiträge zur sozioökonomischen Entwicklung des Landes geleistet hat. Ihr volles Potenzial hat die Branche jedoch noch nicht ausgeschöpft - Derzeit gibt es in Vietnam etwa 80 Komponentenhersteller für mehr als 10 Originalhersteller (nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Handel – Institut für Strategie- und Politikforschung, 2021). Zwar werden nicht alle Teile und Komponenten selbst produziert (einige Komponenten und Teilen mit hohen Qualitäts- und technischen Anforderungen werden noch aus dem Ausland importiert), jedoch hat Vietnams Automobilindustrie sowohl quantitativ als auch qualitativ starke Fortschritte gemacht. Ende 2020 umfasste die vietnamesische Automobilindustrie etwa 40 Unternehmen, die Fahrzeuge, darunter Nutzfahrzeuge und Personenkraftwagen, herstellen und montieren. Einige einheimische Unternehmen beteiligen sich aktiv an der globalen Automobilproduktionskette. Die Gesamtkapazität der Konstruktionsmontage beträgt etwa 755.000 Fahrzeuge/Jahr, wobei davon etwa 35 % auf den durch ausländische Investitionen aufgebauten Sektor entfallen und etwa 65 % auf inländische Unternehmen.
Es zeigt sich, dass der vietnamesische Markt ein attraktives Ziel für ausländische Investoren ist. Zum einen besitzt Vietnam eine günstige geographische Lage für den Import und Export und zum anderen sind die Personalkosten niedrig und es gibt ein großes Angebot an Fachkräften. Außerdem hat Vietnam internationale Handelsabkommen, wie z.B. auch das 2020 in Kraft getretene Freihandelsabkommen mit der EU (EVFTA) beschlossen und damit günstige Bedingungen für den Import und Export sowie für Auslandsinvestitionen geschaffen.
Nach Angaben der Abteilung für Auslandsinvestitionen des vietnamesischen Ministeriums für Planung und Investitionen verzeichnete die Automobilindustrie im Jahr 2018 ein FDI-Gesamtkapital von knapp 8 Millionen USD, was fast 39 % der gesamten in Vietnam registrierten FDI ausmacht. Diese Summe wurde verwendet, um in die Automobilproduktion zu investieren, sie zu erweitern und angebundene Industriezweige zu eröffnen.
Die weitere Entwicklung der Automobilindustrie und die damit verbundene Schaffung von Arbeitsplätzen, die Ausbildung qualifizierter Fachkräfte, zunehmendes technisches Know-how und die Entwicklung anderer Industrien, insbesondere der Mechanik, Elektronik und Chemie wird Vietnams boomender Wirtschaft auch Zukunft einen großen Mehrwert bieten. Erste vietnamesischen Automobilkonzerne, die bereits an globalen Lieferketten teilnehmen sind z.B. VinFast und Thaco. VinFast, Teil des Vingroup-Mischkonzerns, gab im März 2022 bekannt, dass ein vorläufiger Vertrag unterzeichnet wurde, der ein 2 Milliarden US-Dollar Investment für den Bau einer Fabrik in North Carolina umfasst, in der Elektrobusse, Sport Utility Vehicles (SUVs) sowie Batterien für Elektrofahrzeuge hergestellt werden sollen. Der vietnamesische Fahrzeughersteller plant auch eine Fabrik in Deutschland. Außerdem wird Vinfast bis Ende 2022 mit dem Verkauf der beiden Elektroautos, dem VinFast VF8 und dem VinFast VF9, auf dem europäischen sowie dem US-Markt beginnen. Und auch Phenikaa-X, ein Tochterunternehmen der Phenikaa Group, gilt als eines der führenden Technologieunternehmen im Bereich autonomer Fahrzeuge und Industrieroboter. Dieses Unternehmen hat am 26.03.2021 das erste autonome „Made-in-Vietnam“ Level-4 Fahrzeug in Hanoi eingeführt.
Zusammengefasst kann man sagen, dass die Automobilindustrie in Vietnam zwar vor Herausforderungen steht, diese aber gleichzeitig eine große Chance und vor allem enormes Potenzial bieten. Vietnam ist dabei, diese Industrie zu einem zentralen Industriezweig auszubauen und fördert die gemeinsame Entwicklung mit anderen Industrien. In diesem Entwicklungsprozess werden Investitionen aus Ländern mit Hochtechnologien, fortschrittlicher Technologie und Erfahrung wie Deutschland definitiv dazu beitragen, dass sich ausgehend von den vorhandenen Ressourcen ein langfristiger Erfolg Vietnams einstellen wird.
Autor: Nguyen, Hoang Long (Department Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau)