„Reparieren versus investieren: Über den richtigen Umgang mit Steuergeldern“
Dr. Julia Neumann-Szyszka und Dr. Thomas Pfahler sind Professor:innen am Department Public Management der HAW Hamburg. Für den Campus Weiterbildung haben sie das Seminar „Wirtschaftlichkeitsuntersuchung öffentlicher Investitionen“ konzipiert. Im Gespräch erklären sie die Zielsetzungen und Inhalte ihres Weiterbildungskonzepts.
Frau Dr. Neumann-Szyszka, Herr Dr. Pfahler: Die so genannten Prüffeststellungen der Rechnungshöfe prangern regelmäßig die Verschwendung von Steuermitteln sowie negative Auswirkungen von Investitionsentscheidungen an. Woran liegt das?
Prof. Dr. Neumann-Szyszka: Zunächst ist es keine Absicht, dass Steuermittel verschwendet werden. Das Postulat der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit wird in der Regel beachtet. Aber die verwendeten Methoden entsprechen häufig nicht den betriebswirtschaftlichen Standards der heutigen Zeit. Oft werden sie auch zu stark 1:1 aus der Privatwirtschaft übernommen und verkennen die Spezifität des öffentlichen Sektors.
Prof. Dr. Thomas Pfahler: Viele Führungskräfte, die mit Haushalts- oder Finanzplanungen befasst sind, verfügen schlicht nicht über die modernen Werkzeuge, um Investitionsentscheidungen treffen zu können, die am Ende jeder Prüfung standhalten. Das dafür nötige Wissen ist gar nicht so speziell oder schwierig zu erlernen, wie viele denken mögen. In erster Linie geht es darum, den methodischen “Instrumentenkasten” zu kennen. Daraus muss dann das richtige “Tool” ausgewählt und angewendet werden. Diese Analyse- und Bewertungskompetenz entscheidet am Ende, ob der Prüfbericht des Rechnungshofes die Investition negativ oder positiv bewertet.
Prof. Dr. Neumann-Szyszka: Metaphorisch ausgedrückt: Wer nur mit einem Hammer umgehen kann, sieht häufig nur Nägel, die in die Wand müssen. Für eine Schraube aber wird ein anderes Werkzeug für eine erfolgreiche Anwendung benötigt. Wird sie mit dem Hammer eingeschlagen, ist der Schaden am Ende groß. In dieser Qualifizierung vermitteln wir praxisorientiert verschiedene Instrumente für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von Investitionen. Mit diesem Instrumentenkoffer erweitern die Teilnehmer*innen ihre Kompetenzen - von der Analyse über die Entscheidung bis zur Bewertung.
Wie genau hilft die Weiterbildung den Teilnehmenden, sich in Zukunft vor Fehlentscheidungen bei Investitionen zu schützen?
Prof. Dr. Thomas Pfahler: Indem wir sie zunächst für die Besonderheiten öffentlicher Investitionen sensibilisieren. Das beginnt schon in der Phase der Investitionsplanung, zeigt sich im weiteren Verlauf bei der Investitionsentscheidung und schlägt sich auch bei der Investitionskontrolle im öffentlichen Sektor nieder. In allen drei Phasen wird die Problematik staatlichen Handelns bei Investitionen deutlich. Die Trennung von Investition und Finanzierung, das spezielle Verhältnis von Eigentum und Entscheidung beim Staat sowie die geforderte Nachhaltigkeit machen öffentliche Investitionen per se anfällig für Fehlentscheidungen. Wer dies weiß und berücksichtigt, ist gut gewappnet.
In ihrem Seminar analysieren Sie die Schwachstellen öffentlicher Investitionen und beziehen die in der Privatwirtschaft üblichen Instrumente ein. Wie sieht so eine Fallbetrachtung aus?
Prof. Dr. Neumann-Szyszka: Hierbei werden Nutzen und Kosten einer öffentlichen Investition im Zeitverlauf gegenübergestellt und auf den Zeitpunkt der Entscheidungssituation vergleichbar gemacht. Dabei ist auf ein sparsames und wirtschaftliches Verhältnis von Kosten und Nutzen zu achten. Die Planungsphase spielt hier eine bedeutende Rolle, denn die Beurteilung der Güte öffentlicher Investition wird, wie in der Privatwirtschaft auch, mit Plandaten durchgeführt. Weitere wichtige Hebel liegen in der Prozessgestaltung. Wer dieses Instrumentarium beherrscht, wird mit Sicherheit in Zukunft souveräner und entspannter mit dieser Thematik umgehen – und auch die Rechnungsprüfer nicht mehr fürchten müssen.
Wo liegt der Unterschied von Investitionsentscheidungen im öffentlichen Sektor gegenüber der Privatwirtschaft?
Prof. Dr. Neumann-Szyszka: Beiden Sektoren sehen Investitionsentscheidungen als mittel- bis langfristig an und bedienen sich sogenannter dynamischer Verfahren bei der Investitionsrechnung. Damit erschöpfen sich die Gemeinsamkeiten aber auch schon. Im Detail sind private Unternehmen eher auf einen hohen ökonomischen Gewinn und damit den Kapitalwert fokussiert, während die öffentliche Hand den nachhaltigen Verlauf der Investitionsperiode und die Instandhaltungsauszahlungen im Auge haben sollte.
Prof. Dr. Thomas Pfahler: Im öffentlichen Sektor geht es also eher um eine wirtschaftliche Berücksichtigung von Reparaturkosten im Vergleich zum erwarteten Nutzen einer neuen Investition. Ein Beispiel: Hier muss ich mich beispielsweise fragen, ob die Renovierung einer Turnhalle nicht ausreicht, um Steuermittel zu sparen. Den Abriss oder einen Neubau kann ich nur unter bestimmten Voraussetzungen rechtfertigen – etwa bei Asbestbelastung, Wasserschäden oder maroder Bausubstanz. Wenn ich hier entsprechende Gutachten einhole und damit meine Entscheidung begründen kann, bin ich auf der sicheren Seite.
Zu den Personen:
Frau Prof. Dr. Julia Neumann-Szyszka lehrt und forscht im Bereich Investition und Controlling am Department Public Management der HAW Hamburg. Prof. Dr. Thomas Pfahler lehrt und forscht im Bereich Öffentliche Finanzwirtschaft und Volkswirtschaft am Department Public Management der HAW Hamburg. Beide haben gemeinsam zahlreiche Fachbeiträge zur Thematik publiziert, unter anderem das Standardwerk „Investitionsprozesse der öffentlichen Hand aus Sicht des New Public Management“ (Springer Gabler 2018).
Ausführliche Informationen zur Qualifizierung "Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen Öffentlicher Investitionen" finden Siehier.......